Kein Zweifel: Alleinerziehende Mütter und Väter haben es schwerer. Sie müssen sich beim Spagat zwischen Kindern, Küche und Karriere weit mehr strecken. Abseits vom Halt der „klassischen” Familie, muss der Alltag mit all seinen Herausforderungen und der damit einhergehenden Verantwortung allein geschultert werden.
Alleinerziehende Mütter und Väter stoßen daher oft an ihre physischen und psychischen Grenzen. Aus dem Alleinsein wird schnell das Gefühl, allein gelassen zu sein. Schlaflosigkeit, psychosomatische Erkrankungen sowie ein erhöhtes Risiko für Depressionen sind mögliche Folgen.
Wo alles begann
Prof. Dr. Matthias Franz, Facharzt für Psychosomatische Medizin, Neurologie und Psychiatrie, führte vor rund 20 Jahren in Düsseldorf eine Studie durch, die ergab, dass alleinerziehende Mütter und Väter überdurchschnittlich oft depressive Verstimmungen erleben und/oder an psychosomatischen Beschwerden leiden.
„Familiäre Trennung ist ein Gesundheitsrisiko", so Prof. Dr. Franz. In der Folge entwickelten Franz und sein Team ein Training, das Alleinerziehende stärken soll und ihnen dabei hilft, die Bindung zu ihren Kindern zu verbessern. Denn Kinder aus Trennungsfamilien geben sich oft die Schuld an den Konflikten der Eltern und werden mit ihren Bedürfnissen von den Erwachsenen, die selbst genug mit sich zu tun haben, nicht gesehen. Durch das Training verbessert sich die Bindung zwischen Erwachsenem und Kind. Das Bindungsprogramm hat außerdem eine erwiesenermaßen antidepressive Wirkung.
Das AlleinerziehendenTraining startete unter dem Namen „wir2“ und hat sich vom ambulanten Angebot zu einer Präventionsmaßnahme entwickelt, welche die Klinik Maximilian seit Anfang 2016 als Schwerpunktkur „wir2 kompakt“ anbietet.
Dieses wirksame, nachhaltig ausgerichtete Programm für Alleinerziehende bietet diesen fundierte Unterstützung in ihrer besonderen und oft belastenden Lebenslage. Lösungsansätze werden aufzeigt, das Selbstbewusstsein gestärkt und Zuversicht gegeben. Eine der besten Strategien in der Problembewältigung bei Alleinerziehenden, da es psychodynamisch und bindungsorientiert arbeitet, so die einhellige Meinung des Therapeut*innen-Teams der Klinik Maximilian.
Feinschliff zu „wir2kompakt“ in unserer Klinik Maximilian
In den letzten Jahren hat dieses Team um Renate Fischer-Tietze, die leitende Psychologin, intensiv an den Details zur immer weiteren Optimierung der Inhalte von „wir2“ gearbeitet, so dass dieses Format perfekt in das Angebot der Schwerpunktkur „wir2 kompakt“ passt und maßgeschneidert ist für Alleinerziehende mit einem oder mehreren Kindern im Alter von 1 - 14 Jahren. Seit dem Start von „wir2kompakt“ konnte die Klinik, in inzwischen mehr als 30 dieser Schwerpunktkuren, ganz klar die positiven Veränderungen belegen, die die Patient*innen in Belastungssituationen erfahren. Die Evaluation dieser Daten erfolgt nach wie vor über die Universität Düsseldorf und das Team um Prof. Franz. „Wir sind begeistert von den Effekten, die „wir2kompakt“ unseren Patient*innen bietet!“, berichtet Fischer-Tietze stolz.
Exemplarisch wollen wir an dieser Stelle zwei Patient*innen zu Wort kommen lassen:
Die alleinerziehende, dreifache Mutter Bianca D. (42) aus Bayern und Tobias S. (30) aus Sachsen, alleinerziehender Vater eines 4-jährigen Sohnes.
Seit der Trennung von ihrem Mann, kümmert sich die Krankenschwester Bianca D. allein um ihre drei älteren drei Söhne – die beiden älteren Tobias und Jannick sowie den Nachzügler Lukas. Die Probleme, mit denen sie dabei tagtäglich konfrontiert ist, sind geradezu typisch: „Die Mehrfachbelastung durch Beruf, Familie und Haushalt, die vorher auf vier Schultern verteilt war, liegt nun allein bei mir.“ erzählt sie und führt weiter aus: „Ich geriet in einen Strudel aus dem Gefühl, immer konstant am Limit zu sein und keinem meiner Kinder noch wirklich gerecht werden zu können, geschweige denn meinen Ansprüchen an mich selbst. Hinzu kamen finanzielle Ängste, die von dem Streit um den Unterhalt vor Gericht befeuert wurden. All diese Probleme galt es aufzufangen und zusätzlich meinen Kindern eine Stütze zu sein, die unsere Trennung noch zu verarbeiten hatten. Ganz besonders hart traf es meinen Sohn Jannick, der eine depressive Episode hatte und deswegen in der Zeit nach der Trennung die Schule drei Monate nicht besuchen konnte.“
Das erklärte Ziel von Bianca D. an ihre Kurmaßnahme war, zur Ruhe kommen und Kraft schöpfen zu können; den Alltag mit all seiner Verantwortung und seinem Druck außen vorlassen zu können und darüber hinaus psychologische Unterstützung zu erhalten. Sie wolle Lösungsansätze erfahren, um diese zuhause weiter umsetzen zu können und so wieder Perspektiven auf ein „normaleres“ Familienleben zu haben.
Tobias S. wollte während seiner Kurmaßnahme Unterstützung, wie er viele alltägliche Themen besser handhaben könne. Job und Haushalt zu meistern gestalteten sich für den Netzwerk- & Security-Architekten noch schwierig, nachdem ihn seine Partnerin nach längerer Beziehung verlassen hatte.
Doch viel mehr quälten den alleinerziehenden Vater Fragen nach der gemeinsamen Gestaltung der Zukunft: Wie geht es weiter mit uns als kleine Familie? Wie kommt Lennard mit der Trennung und der neuen Lebensform klar, werde ich ihn verlieren? Im Mittelpunkt seiner erklärten Ziele für die Schwerpunktkur „wir2kompakt“ stand, eine noch engere Bindung zu seinem Sohn aufzubauen und besser auf ihn eingehen zu können.
„wir2kompakt“: nachhaltige Veränderung zum Positiven
Die Schwerpunktkur „wir 2kompakt“ bietet ein hochwirksames präventives Konzept, das auf die individuell besondere Lebenssituation des Einzelnen abgestimmt ist. Das Therapieprogramm setzt insbesondere auf von ausgebildeten Trainern geleitete Gruppenstunden oder psychologische Einzelgespräche für die Mütter und Väter - gepaart mit Entspannungsverfahren und gemeinsamen Mutter-Kind- oder Vater-Kind-Aktivitäten. „Viele Alleinerziehende sind nach dem „wir2kompakt“-Training deutlich optimistischer und selbstbewusster als vorher. Was uns besonders freut: Der Erfolg der Erwachsenen spiegelt sich im Wohlbefinden der Kinder wider, was uns sowohl die Eltern als auch die Erzieher*innen“ berichten, so Fischer-Tietze.
Und das bestätigen auch Bianca D. und Tobias S. drei Monate nach ihrer erfolgreichen Kurmaßnahme in unserer Klinik Maximilian. Das nachhaltigste Erlebnis, da sind sich beide einig, seien die „wir2“-Gruppenstunden und das damit einhergehende Gemeinschaftserlebnis und der Austausch mit Gleichbetroffenen gewesen. „Es tat gut, in einer Gruppe aufgefangen zu werden, in der man verstanden wurde, da wir alle das gleiche Schicksal haben. Manchmal war es auch sehr emotional: Wir konnten zusammen weinen, aber auch lachen, bis man Bauchschmerzen hatte“, schildert Bianca D.
Kur-Ziele also erreicht? „Definitiv!“, sagt Tobias S. „Lennard ist während der Kur richtig aufgeblüht, ist selbstständiger und selbstbewusster geworden. In der Erziehung und im Umgang mit meinem Sohn hat mich die Schwerpunktkur ein großes Stück nach vorne gebracht. Gerade beim Thema Emotionen, die ich nun einfach zulasse. Ich bin einfühlsamer und auch geduldiger geworden. Und der Alltag mit Lennard ist jetzt deutlich entspannter. Ich freue mich, auf das was kommt!“
Auch Bianca D. hat insbesondere eine große Veränderung bei ihrem jüngsten Sohn Lukas festgestellt: „Lukas hatte eine sehr große innere Unruhe mit Tics, die mich sehr beunruhigten. Diese sind während der Kur verschwunden. Er wurde ruhiger und machte einen großen Entwicklungssprung. Und er hat es genossen, mich endlich mal mit viel gemeinsamer Zeit „für sich“ zu haben. Unsere Bindung hat sich noch mehr gefestigt.“
Die drei Wochen in unserer Klinik Maximilian haben im Leben der dreifachen Mutter einiges in Bewegung gesetzt: „Ich habe wieder Energie, ich sehe vieles aus einem anderen Blickwinkel, was einiges leichter macht. Ich reagiere oft gelassener. Die Kur war ein guter Ausgangspukt, um Dinge in meinem Leben zu verändern“, sagt Bianca D. Nach der „wir2kompakt“-Schwerpunktkur hat sie eine Psychotherapie begonnen, wie ihr die Klinik-Psychologinnen geraten hatten: „Ich habe nicht mehr so viele Ängste vor der Zukunft. Es hat eine Entwicklung in mir begonnen, die mich auf einen guten Weg gebracht hat. Dafür bin ich dankbar.“
All die Erwartungen von Bianca D. und Tobias S. konnten im Rahmen der Schwerpunktkur „wir2kompakt“ vollauf erfüllt werden und beide gestärkt in ihren Alltag zurückkehren. Das Unisono-Fazit der beiden nach drei Wochen Schwerpunktkur in der Klinik Maximilian: „„Wir2 kompakt“ hat unseren Familienalltag nachhaltig zum Positiven verändert – ja wahrscheinlich sogar unser Leben.“
Wie Alleinerziehenden geholfen werden kann, ihre Situation besser zu verbessern - darüber hat Rocco Thiede einen Ratgeber geschrieben:
„Lasst uns nicht allein!: Was Alleinerziehende und ihre Kinder nach der Trennung brauchen“.
Im Gespräch mit Vera Kröning-Menzel vom rbb-Kultur-Radio gibt er in einem Interview Einblick ab Minute 13: Hören Sie doch einfach mal rein!